Notizen |
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In der Übersicht der Kreile steht: als Sterbedatum: 23.03.1905
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München, den 26. März 1905
Mein lieber teurer Schwager und liebe Verwandte!
Als wir heute morgen miteinander in der Kirche waren, und hatten uns von der Predigt vom Leiden und Sterben unseres Herrn Jesu Christi erbaut, hatten wir noch keine Ahnung welch traurige Nachricht uns heute noch bekannt gegeben würde. Jedoch als wir um 11½ Uhr von der Kirche zurückkamen, entnahm meine Frau ein Telegram aus dem Briefkasten. Nichts Gutes ahnend, öffneten wir dasselbe und siehe da, hieß es „Fritz gestern Abend verschieden, Beerdigung Montag Abend – Kreile“.
Wir waren ganz erstaunt, wie ein so junger Mensch wie mein lieber guter Pate der Fritz war, so unverhofft aus dem Leben scheiden bzw. sterben konnte und ich kann nicht ohnehin anzufragen, ob ihm vielleicht ein Unglück zu gestoßen ist, denn sonst wäre es nicht möglich so schnell und unverhofft aus diesem Leben zu scheiden. Wenn er zum Beispiel krank gewesen wäre, würdet ihr es mir ja mitgeteilt haben, ich ersuche dich lieber Schwager Johann, der du wieder einen herben Schlag erlitten hast, mir in bälde alles mitteilen zu wollen, denn ich kann nicht zur Beerdigung kommen, denn erstens haben wir das Telegram zu spät erhalten und ich müsste ja abends noch von hier wegfahren, weil die Beerdigung schon morgen am Montag stattfindet, wozu ich gar nicht vorbereitet bin, und zweitens könnte ich meinen guten Prinzipal welcher in Augsburg ist, nicht mehr rechtzeitig in Kenntnis setzen, das ich einige Tage aus dem Geschäft bleiben will.
Auch meine Frau kann auf einige Tage nicht fortgehen, weil wir jetzt so viel Unannehmlichkeiten mit unserem Hause haben. Wir könnten Euch in eurem Kreuz und Leiden auch nicht mehr helfen, bloß trösten wollen wir auch und das wollen wir brieflich thun.
Der beste Trost ist der, daß uns unser Heiland Jesus Christus in Leiden und Sterben voran gegangen ist und hat uns sein Vorbild gelassen, das wir sollen nachfolgen seinen Fußstapfen. Schaut auf das Leiden und Sterben Jesu, das macht Euch still und denkt Euch, es ist der Wille Gottes gewesen, denn wer weiß was ihm noch alles bevorgestanden hätte, und fügt Euch in Gottes Wille, dann werdet ihr ruhiger werden, denn es ist ein herber und harter Schlag ein Kind in einem solchen Alter, wie unser lieber guter Fritz, aus dem Leben scheiden und in das Grab senken zu sehen, aber lasset Euch trösten meine lieben, denn erst nach Jahren sieht man es erst ein, daß es so besser war. Es ist noch nicht ganz 9 Jahre, daß ihm seine liebe selige, unvergessliche Mutter in den Tod vorausgegangen ist, (am 10. April 1896). O wenn er es damals geahnt hätte, daß er in einigen Jahren seiner lieben und in Gott ruhenden Mutter nachfolgen werde.
Erst am vergangenen Donnerstag, als ich in Augsburg war und auch den Hofmann, der gegenwärtig Schutzmann in Augsburg ist, der damals als mein lieber Pathe Fritz bei uns war, bei uns wohnte, hatten wir die Sprache vom kleinen Fritz, was er wohl machen werde und wir sagten unter uns, daß es kein kleiner Fritz mehr sein wird, denn es sei ja schon 12 Jahre, daß er jetzt wieder in Augsburg ist, der wird immer schon 17 Jahre zählen, auch zu Hause haben wir darüber gesprochen. Lieber Schwager Johann einen Kranz können wir nicht mehr hinschicken, der würde immer zu spät hinauskommen, so sei so gut und besorge für mich, was mir als Pathe gebürt zu thun, ich weiß ja nicht, wie es bei Euch der Brauch ist, verrichte alles im Namen seines Pathen, ich werde Dir wieder alles vergüten. In der Hoffnung, daß ihr Euch alle in Gottes Heiligen Willen fügen wollet, tröstet Euch alle Euer tieftrauernder Schwager, Pathe und Vetter Friedrich und
Magdalena Kaiser
Besten Gruß von unserer kleinen Maria
Noch ein Trostwort
Mein Gott, ich weiß nicht wann ich sterbe,
vielleicht daß es noch heute geschieht.
Wie bald zerbricht doch ein Scherben.
Ein Blümlein ist schnell abgeblüht, denn mache täglich mich bereit, zum Eintritt in die Ewigkeit.
Mein Gott, ich weiß nicht wie ich sterbe,
wie mich der Todeshauch berührt, dem einen wird das Scheiden herbe,
der Andere wird schnell weggeführt.
Doch wie du willst, nur gib dabei,
daß einst mein Ende richtig sei.
Mein Gott, ich weiß nicht wo ich sterbe,
und welcher Staub mich einst bedeckt,
doch wenn ich nur den Trost erbe,
daß deine Hand mich auferweckt,
so schließe jedes Grab mich ein,
die Erde ist allenthalben Dein.
Nun treuer Vater, wenn ich sterbe,
so nimm Du meinen Geist zu Dir,
dann weiß ich, daß ich nicht verderbe
und lebet Christus nun in mir.
So dann wünsch ich glaubensvoll,
wann, wie und wo ich sterben soll.
Gewidmet von Eurem tieftrauernden Schwager
Friedrich Kaiser
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